Fünf Fragen an den Meister der Wende

Es gibt genau zwei Muster, auf die sich Hans-Rudolf Steck von der gleichnamigen Maschinenfabrik in Bowil im Emmental beziehen konnte. Die Rede ist von den weltweit einmaligen Gleiswendern aus den 1960er-Jahren, die bei den Kreuzungsstellen der Pilatus-Bahnen AG bis heute im Einsatz sind.

Herr Steck, wie kam es dazu, dass Ihr Unternehmen die Gleiswender für die neue Pilatus-Bahn bauen durfte?
Das ist eine Ehrensache einerseits. Und das ist unser Business andererseits. Denn unsere Firma, die Ferdinand Steck Maschinenfabrik AG, ist oft im Zahnradbahnbau tätig, meistens zusammen mit Stadler Rail in Bussnang. Eines Tages also, vor gut vier Jahren, kam die Anfrage aus Kriens. Ich hatte zum damaligen Zeitpunkt keine Ahnung, was ein Gleiswender ist. Aber mit YouTube habe ich mich umgehend über das Wunderwerk informiert. Und da sind wir!

Was sind denn die Anforderungen an einen neuen Gleiswender?
Das Grundprinzip aus den 1960er-Jahren bleibt gleich: Auf einer sogenannten Wendekassette wird auf der einen Seite das gerade Geleise und auf der anderen Seite das abgehende Geleise montiert. Je nach Stellung wird so die entsprechende Fahrtrichtung gewählt. Im Gegensatz zu den bestehenden Einheiten, die wie ein überdimensionales Y gebaut wurden, haben wir uns für eine quaderförmige Kassette entschieden. Die neuen Wender sind auch länger und schwerer.

Wie sind Sie konkret vorgegangen bei der Neuentwicklung?
Ganz simpel: Wir haben zuerst einmal ein einfaches Holzmuster gebaut. Den Entwurf haben wir dann mittels CAD in der Konstruktionsabteilung zeichnen lassen. Die exakten Dimensionen des neuen Wenders haben wir schliesslich extern berechnen lassen. Diese waren für die Abnahme durch das Bundesamt für Verkehr massgebend. Denn wenn die Bewilligung einmal vorliegt, gibt’s kein Zurück mehr.

Sprich: Man hat bei Ihnen in der Schlosserei erst mit dem Bauen begonnen, als das finale Okay seitens Behörden vorlag?
Richtig. Bei einem Gleiswender, bei dem pro Element 16 Tonnen Stahl verarbeitet und verschweisst werden, wollte und musste man auf Nummer sicher gehen. Schliesslich handelt es sich um ein Unikat. Solche Anforderungen sind wir uns gewöhnt, fertigen wir doch im Normalfall immer Einzelstücke an.

Und wie lange dauerte die eigentliche Herstellung?
Wir brauchten ein gutes halbes Jahr. Drei der neuen Gleiswender wurden bereits in zwei Etappen um 2021 und 2022 in Alpnachstad eingebaut. Den letzten haben wir am 16. Mai auf Pilatus Kulm installiert. Die eigentliche Montage von Elektrik und Hydraulik übrigens haben die Firma Urs Schmid AG in Luzern und die RGS-Bahnsicherungstechnik GmbH Aarau ausgeführt.

Ein Meister seines Fachs: Hans-Rudolf Steck aus Bowil im Emmental und sein Blueprint: der Gleiswender am Pilatus aus den 1960-er Jahren.
Ein Meister seines Fachs: Hans-Rudolf Steck aus Bowil im Emmental und sein Blueprint: der Gleiswender am Pilatus aus den 1960-er Jahren.